Mehr als tausend Besucherinnen und Besucher sind vergangenen Samstag ins Studienhaus der Volkshochschule geströmt. In fünf Räumen und dem Festivalcafé drängten sie sich oft in Dreierreihen, um mit Saatgutanbieterinnen und -anbietern, Gemeinschaftsgärten und Ernährungsinitiativen ins Gespräch zu kommen. Das 1. Kölner Saatgutfestival (nach bereits drei Saatguttauschbörsen) hatte NeuLand gemeinsam mit Vertreterinnen anderer Kölner Gemeinschaftsgärten organisiert.

Einen Nachmittag lang wurde in der VHS samenfestes Saatgut getauscht und erworben, gärtnerisches Wissen geteilt und lebendig über Vielfalt und regionale, saisonale Ernährung diskutiert. Am NeuLand-Stand im ersten Stock konnten Kinder mit Andrea basteln, Simon tauschte Saatgut für den Gemeinschaftsgarten ein und Gisela brachte Honig und NeuLand-Infos an Mann und Frau, während Doro unten das Rahmenprogramm mit Vorträgen und Filmvorführung moderierte.

Rahmenprogramm, vollgepackt mit Wissen rund ums Saatgut

Im Vortragsraum herrschte so viel Andrang, dass die BesucherInnen oft nur Stehplätze ergattern konnten. Dr. Susanne Gura vom Verein für Nutzpflanzenvielfalt (VEN) zeigte in ihrem Vortrag, wie bedroht die Sortenvielfalt in Garten und Feld ist, und welche erfolgreichen Ansätze es gibt, um sie zu bewahren. Sabine Lütt, Saatguterhalterin aus dem Hunsrück, teilte ihr praktisches Wissen zu Saatgutgewinnung und Sortenerhalt mit mehr als 70 Besucherinnen und Besuchern. Birgit Scherer-Bouharroun vom VHS Biogarten Thurner Hof warf in ihrem Kurzvortrag Ideen in den Raum, wie jeder und jede im Alltag einen Beitrag für mehr Vielfalt leisten kann. Und mehr als 80 Menschen folgten dem Dokumentarfilmer Valentin Thurn, der die internationalen Entwicklungen auf dem Saatgutmarkt und die Folgen für die Welternährung darlegte und dafür Ausschnitte aus seinem Film“ 10 Milliarden – wie ernährten wir die Welt?“ zeigte. Große Begeisterung fand die Vorstellung seines Vereins von Taste of Heimat und die Idee des Food Policy Councils (Ernährungsrat), der sich am 7.3. in Köln gründen sollte.

Zwischendurch konnten die Besucherinnen und Besucher im Festivalcaféteria im nahegelegenen hdak-Kubus bei Kaffee und Kuchen die Ausstellung „Boden – Grund zum Leben“ des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erleben und an den Ständen der Gemeinschaftsgärten lernen, wie man Seedballs herstellt, Tomaten pikiert und Sonnenblumen vorzieht. Das Festival endete mit der Vorführung des Dokumentarfilms „Die Saatgutretter“ (2013).

Ernährungssouveränität: selbst entscheiden, wie man sich gut ernährt

Saatgut und Ernährung sind Themen, die immer mehr Menschen beschäftigen. Viele kamen nicht nur aus rein gärtnerischem Interesse, sondern auch wegen ihrer wachsenden Sorge vor den globalen Auswirkungen industrieller Nahrungsmittelproduktion. An den Ständen und Tischen, im Café und auf den Gängen drehten sich viele Gespräche um regionale, saisonale, nachhaltige Ernährung und auf welche Weise die Ernährungssouveränität für den Einzelnen, aber auch für die Stadt und die Gesellschaft zurückgewonnen werden kann.

Geplant als Festival der Saatgutvielfalt, wurde das 1. Kölner Saatgutfestival ein Raum vielfältiger Vernetzung zwischen Menschen mit Haus- oder Schrebergärten, GemeinschaftsgärtnerInnen, Lebensmittelherstellern und Lebensmittelgemeinschaften, GastronomInnen und VertreterInnen von Initiativen und Organisationen. Die Saat, die hier die Besitzer wechselte, wird in den kommenden Monaten und Jahren vielfältig in den Gärten und auf den Balkonen von Köln und seinem Umland wirksam werden – wir hoffen, auch in den Köpfen der Menschen.