Gemeinschaftsgarten im Kölner Süden

Kategorie: Garten aktuell (Seite 39 von 60)

Das Gewächshaus wächst!

Montag Mittag, strahlender Sonnenschein auf der NeuLand Brache. Dirk Kerstan ist da, der Gartenkoordinator, und wir denken beide: Nicht schlecht, Herr Specht. Hätte irgendwer am Freitag gesagt, dass wir bis zum Sonntag zwei Wände unseres Gewächshauses zum Stehen bringen, mitsamt der Fensterscheiben: Wir hätten abgewinkt. Echt.

Rückblende, Freitag:

Startschuss: Der Boden ist steinhart gefroren, selbst mit der Spitzhacke ist nichts zu machen. Dirk ist da, Michel und Wilfried und einige Frauen, die spontan helfen kommen (deren Namen ich aber leider nicht mehr weiß) – und dann Doro und André (der sehr tapfer mithilft mit seinen 11 Jahren, chapeau). Wir sägen und schrauben an den Kisten, die unser Gewächshaus stabilisieren sollen. An das Begradigen des Bodens ist nicht ernsthaft zu denken: Selbst am Nachmittag ist die Erde an dem meisten Stellen noch zu hart. Immerhin: einige Kisten schaffen wir.

Der Samstag:

Der Vorteil: Es hat getaut. Der Nachteil: Die Brache ist eine Schlammgrube, aus eisiger Erde ist Matsch geworden. Bis zu den Knöcheln stecken wir in rotem Tennis-Schlamm, als Wilfried, unser Schreinermeister, sein geändertes Bau-Konzept vorstellt. Das heißt: Die Kisten von gestern sind nun in der Tat von gestern. Wir brauchen Kisten, die besser passen. Wilfried und Michel machen sich daran, die Seitenwände des Hauses vorzusägen und zu schrauben. Dirk und ich bringen mit einer Schubkarre die nun freigewordenen Kisten zur Böschung, wo sie im Frühling einen neuen Platz finden sollen. Erstaunlich, wie langsam die Schubkarre in dem schlammigem Boden vorankommt. Die vier neuen Kisten sind dagegen schnell gebaut. Achim und sein Sohn kommen und noch ein paar Erwachsene und Kinder. Am Nachmittag dann ein feierlicher Moment. Wir tragen die Seiten-Elemente zu dem (immer noch sehr matschigen) Stellplatz und richten sie auf, um sie mit Schrauben an den vier Eck-Kisten zu befestigen. Unter unseren Sohlen schmatzt der Schlamm, immer wieder müssen wir kleine Sickergräben schaufeln, um das Gewächshaus-Areal notdürftig zu entwässern. Trotzdem: Da stehen jetzt tatsächlich zwei Wände, das ist nicht mehr zu leugnen. Der Tag hat sich gelohnt, sogar die ersten Fenster passen wir noch ein.

 Der Sonntag:

Der reinste Luxustag. Denn: Die Sonne scheint. Der Boden ist etwas trockener, und unsere Laune hat sich deutlich gebessert. Bis zum Nachmittag haben wir alle Scheiben drin (mit Michels Spezial-Schrauben-Technik sieht es besonders gut aus). Diesmal ist auch Tanja voll dabei und schraubt eine Kiste nach der anderen. Uschi mit ihrer guten Laune (trotz Zahnweh) hilft ebenfalls mit, außerdem Kyra mit Nachwuchs, eine nette Truppe sind wir.Am Ende des Reinhau-Wochenendes ist nur die Dach-Frage noch offen. Giebel? Oder nur Schräge? Wie hoch soll es sein? Aber das sind Dinge, die uns nicht mehr aus der Ruhe bringen können. Nicht nach diesen drei Extrem-Tagen mit Schnee, Matsch und Sonne. Eines aber wir haben wir uns fest vorgenommen: Wenn wir hier an einem lauschigen Sommerabend mit einem kalten Bier am Lagerfeuer sitzen, dann werden wir anstoßen und sagen: Weißt Du noch, damals im Februar…

Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin?

Die großen Fragen des menschlichen Seins werden natürlich auch im NeuLand gestellt. Und dermaßen geerdet beantwortet, wie es ganz bestimmt nur in unserem Garten möglich ist. „Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin?“ lautete die Fragestellung beim Planungstreffen auf schneeweißer Ex-Brache am Wochenende. Die Vergangenheit wurde als Erfolg verbucht, die Richtung für die Zukunft war unumstritten: Landgewinn und damit verbunden der Lückenschluss zum Mount Gersmann steht als erstes an. Und am Zaun zur Koblenzer werden wir darüber hinaus Beetkisten aufstellen. Das Gewächshaus soll im Frühjahr am Bauzaun vor dem Abrissgelände stehen. In diesem Jahr steht Wachstum schon wieder ganz oben auf der Tagesordnung! Wachsen werden wir schon beim Beetkistenbau vor der Pflanzperiode. Wir wollen ja groß und stark werden. Denn:

Gymnasiasten betreten NeuLand

Bildungsexkursion in die Nachbarschaft: 35 Schülerinnen und Schüler der Stufe 11 des Bayenthaler Irmgardis-Gymnasium betraten gestern NeuLand. In ihren Geographie Grund- und Leistungskursen steht derzeit das Thema Stadtplanung/Stadtentwicklung auf dem Programm – es lag also nahe, den mobilen Gemeinschaftsgarten kennenzulernen! Von Stefan Rahmann und Dorothea Hohengarten erfuhren sie vor Ort, wie sich das Areal, auf dem der NeuLand-Garten wächst, in den vergangenen Jahren entwickelt hat und welche Perspektiven es hat: Was ist ESIE, wird es hier demnächst ein Justizzentrum geben, wie laufen bei einem Großgelände wie diesem Planungs- und Bürgerbeteiligungsprozesse ab? Wie kam NeuLand auf die Dombrauerei-Brache und wie funktioniert Gemeinschaftsgärtnern? Anschließend ging’s rüber zum Großmarktrundgang – für die meisten der Schüler wohl das erste Mal, dass sie das das Gebiet, auf dem in den nächsten 20 Jahren wohl die „Parkstadt Süd“ enstehen wird, mit eigenen Augen sahen.

Wieder zwei neue Beetpaten!

Immer mehr KölnerInnen unterstützen NeuLand und werden Beetpaten und Beetpatinnen. Zum Beispiel Carolin und Patrick, die in Zollstock eine Agentur für nachhaltiges Markendesign betreiben. Als Dankeschön überbrachten wir Carolin heute zwei Beetpatenschaftskarten mit Saatgut aus dem Gemeinschaftsgarten!

Nicht, dass uns da der Paul durchgeht!

Eiskalte Temperaturen, immer noch ein brandheißes Thema: Die nicht wirklich skandalfreie Geschichte unserer ehemaligen Brache stand im Mittelpunkt einer Führung durch den Garten und über das Großmarktgelände. NeuLand-Gärtner Stefan Rahmann berichtete von dem legendären Investor, der 2008 auf dem Gelände die „Dom-Gärten“ bauen wollte. Mit Teich und Wäscheservice und allem Zipp und Zapp. Wurde nix draus. War wohl zu teuer. Auch Paul Bauwens-Adenauer, der sich von dem Bauunternehmer Bauwens adoptieren ließ und danach dessen Firma vorstand und -steht, war Thema. Aber nur so am Rande. Doch Obacht: Nicht, dass uns da der Paul durchgeht! Mit all den Millionen, die ihm der Liegenschaftsbetrieb des Landes beim Kauf des Geländes überwiesen hat. Überrascht waren die Teilnehmer und -nehmerinnen der Führung angesichts der Größe des Großmarkt-Geländes. 100 Hektar sind eben 200 Spielfelder in Fußball-Stadien. Viel Platz für Wohnhäuser – und Gemeinschaftsgärtner. Auch für Spaziergänge im Winter.

Liebe NeuLänderInnen, NeuLand-UnterstützerInnen und BeetpatInnen

Das erste Jahr im NeuLand-Garten ist zu Ende. Es waren ereignis- und ertragreiche zwölf Monate!

Prost Garten, es wird diskutiert!

Ein Rückblick

Startschuss war im März: Wir verteilten Tennissand, und Rostrot wurde zur Erkennungsfarbe des NeuLand-Gartens. 90 über den Winter gebaute Pflanzkisten fanden ihren Platz, weitere 110 Beete und Pflanzgefäße folgten – Yellow Submarine Tomaten, Kartoffeln Bamberger Hörnchen, Federkohl, Walderdbeeren und Majoran schlugen Wurzeln.

Wir begannen 2012 mit dem Aufbau des Wassersystems – noch ohne Frischwasser, dafür mit reichlich Regen für unsere Speichertanks.

Im Juni kam u.a. Prinzessinnengarten-Mitgründer Marco Clausen zur gut besuchten Diskussionsrunde, und wir feierten mit einem Sommerfest die „offizielle“ Eröffnung des Gartens. Begleitet wurde das ganze mit einer fetten Portion Nass von oben – das erste von vielen Festen, die 2012 ins Wasser fielen. Zahlreiche Südstadt-Musiker spielten auf und sorgten trotzig für beste Stimmung.

Im Juli bekam der Kölner NeuLand e.V. die Zusage einer Projektförderung durch den Klimakreis Köln. Eine große Erleichterung, denn nun sind Grundanschaffungen wie Wasser- und Stromanschlüsse, Workshopküche, Materialcontainer, Erde etc. größtenteils gesichert. Wir konnten mit Dirk Kerstan einen Gartenkoordinator als Ansprechpartner vor Ort einstellen, und eine Reihe von Teilprojekten und Veranstaltungen sind angelaufen. NeuLand hat jetzt eine gute Basis bekommen, sich zum Ort der Nachhaltigkeits- und Klimaschutzbildung und der Partizipation zu entwickeln.

Im August waren NeuLand Schauplatz für das erste bundesweite Treffen von Urbanen Gartenprojekten – das Sommercamp wurde zum fröhlichen Gewusel mit 90 Teilnehmern, über 20 Workshops und einer regenreichen Open Air Vorführung des Dokumentarfilms „Taste the Waste“. Zahlreiche Medien berichteten über die Veranstaltung und über den NeuLand-Garten.

Dass es bei NeuLand ums Wissenteilen geht, zeigten die GemeinschaftsgärtnerInnen 2012 in insgesamt 12 Workshops, von denen auch mehrere Schulklassen der Umgebung profitierten. Beetpflege und Mulchen, der Bau von Pflanzkisten aus Holzpaletten, Imkern waren einige der Themen. Eine Reihe von Experten kam mit Vorträgen zu NeuLand, zum Beispiel Lutz Kosack (Essbare Stadt Andernach) im September, Jorge Díaz (Universität La Habana, Kuba) im Oktober und Edouard van Diem (Terra-Preta- und Permakulturexperte, Hamburg) im November. Zwei Firmen schickten ihre Mitarbeiter 2012 zum Freiwilligentag zu NeuLand – es wurde beide Male richtig reingeklotzt!

Im Oktober schwammen wir mal wieder bei einem Fest davon – dieses Mal bei Erntedank. Doch die Kinder genossen es, Kartoffeln aus dem matschigen Boden zu buddeln. Im November trafen wir uns zum Martinssingen mit vielen Kindern aus der Nachbarschaft am Lagerfeuer. Die Reinhau-Tage wurden etabliert – gemeinsame Arbeitstage nach dem Motto viele Hände, schnelles Ende. Sie fanden etwa einmal im Monat statt – zuletzt in Form einer Landgewinnungsaktion entlang der Koblenzer Straße vor dem Gartenglühen am 1. Dezember, das erstaunlicherweise mal nicht ins Wasser fiel.

In unserer Nachbarschaft verließ uns für immer und unter großem Getöse das Lingemann-Gebäude – dafür bauten wir die „Halle des Volkes“. Und seit zwei Wochen ist NeuLand Foodsharing-Hot Spot: Übrige Lebensmittel können in einem Schrank an der „Halle des Volks“ abgegeben, genommen, getauscht werden.

Viele Kölnerinnen und Kölner sind 2012 NeuLänder geworden. Wer Lust hat, die Abläufe im Garten und die Entwicklung von Neuland mitzugestalten, kommt donnerstags zu unserem Orga-Treffen (derzeit im Baui im Friedenspark) und beteiligt sich an den zahlreichen Diskussionen und AGs im NeuLand-Forum. Bis zu 25 Teilnehmerinnen zählten die Treffen an lauen Sommerabenden. Viele Menschen besuchen außerdem unregelmäßig den Garten oder besuchen NeuLand-Veranstaltungen.

Immer mehr Bürger fangen auch an, mit einer Beetpatenschaft Verantwortung für NeuLand zu übernehmen und erhalten als Dankeschön eine Karte mit original Bayenthaler Saatgut. Virtuell wird unsere Community ebenfalls größer: Im Dezember haben wir die 1000 Facebook-Likes überschritten!

Auch andere haben diese Entwicklung wahrgenommen. Von der Stadt Köln wurden wir eingeladen, uns beim Forum „Rio plus 20 – Nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro und Köln“ als eines von vier Best-Practice-Beispielen zu präsentieren. NeuLand wurde in den Beirat für die Machbarkeitsstudie zur Bundesgartenschau 2025 berufen. Der Garten war für den Utopia Award 2012 nominiert. Und etwa fünfzehn Studierende machten den mobilen Gemeinschaftsgarten zum (Teil-)Gegenstand ihrere Abschlussarbeiten.

Kurz: NeuLand wuchs 2012 kräftig. Die Idee des gemeinschaftlichen Gärtnerns hat eine Menge Menschen zu enormem ehrenamtlichen Einsatz beflügelt.

Ohne diesen Einsatz, ohne all eure Stunden des Engagements vor Ort und hinter den Kulissen, ohne eure großen und kleinen Spenden, wäre der Gemeinschaftsgarten heute nicht der, der er ist: Ein wachsender, lebendiger Ort für alle Bürger, eine Oase der Partizipation mitten in der Stadt.

Vielen, vielen Dank, dass wir das gemeinsam geschafft haben.

Lasst uns 2013 mit gleichem Feuer weitermachen!

Dorothea Hohengarten, Judith Levold, Stefan Rahmann vom Vorstand des Kölner NeuLand e.V.

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