Gemeinschaftsgarten im Kölner Süden

Schlagwort: Stiftung Interkultur

Farbenrausch im NeuLand, und wo sind die Bauwens-Adenauer-Millionen?

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Die Blumen blühen ohne Ende, Farbenrausch im NeuLand. Man kommt sich vor wie auf der Bundesgartenschau. Und das Beste ist: Uns gibt es wirklich!

Wirklich, wirklich zu Lachtränen gerührt hat uns ein Gerücht, das uns am Wochenende erreichte. Kölner NeuLand soll 150.000 Euro erhalten haben, von Paul Bauwens-Adenauer. Ihr erinnert euch? Das ist der Bauunternehmer, der mit seinen Firmen hier auf dem Gelände und drumherum ein ziemlich gutes Geschäft gemacht und damit den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, den jetzigen Eigentümer, ganz schön in die Bredouille gebracht hat. Dieser Deal auf Kosten des Landes war einer der Auslöser für die Gründung von NeuLand.

Was haben wir gelacht. Nee, leider, leider sind die Millionen nicht in den NeuLand-Garten geflossen. Nicht mal 150.000 Euro. Es ist ja nicht so, dass wir so viel Geld von der Pflanzkistenkante stoßen würden! Immerhin sind es ja gewissermaßen unsere Millionen – wir sind Bürger des Landes NRW! Tatsache ist aber: Die Pflanzen, die auf NeuLand wachsen, die Geräte, die Container, sind bislang ausschließlich von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern gespendet, gebaut und gepflegt worden. Jeweils zwischen 500 und 1000 Euro kamen von der Bezirksvertretung Rodenkirchen, der Bürgerstiftung Köln, der Stiftung Interkultur, der Stiftung Mitarbeit.

Weitere 189.000 Euro haben wir bis Ende 2014 vom Klimakreis Köln zugesagt bekommen. Die sind auch schon Euro für Euro genau verplant. Der Löwenanteil fließt in Personalkosten: In die Stelle eines Gartenkoordinators, in die Stelle der Projekt- und Öffentlichkeitsarbeit (bislang noch vom Vorstand und von Mitgliedern des Kölner NeuLand e.V. ehrenamtlich übernommen) – mit den Ziel, möglichst viele große und kleine Menschen zum Gärtnern und Nachdenken über Nachhaltigkeit zu bringen.

Ein paar Tausender für den Kanalbauer

Auch Anschaffungen wie eine Workshopküche, Erde, Saatgut und demnächst der Anschluss des Gartens ans Wasser- und Abwassernetz werden davon bezahlt. Dazu der Aufbau eines Überschusstauschmarkts, die Einrichtung einer Intergenerationengruppe und vieles mehr. Wer’s genau wissen will: Alle GemeinschaftsgärtnerInnen haben in unserem Forum jederzeit Einblick in das bewilligte Projektkonzept und den dazugehörigen Kostenplan. Wir könnten tatsächlich noch etwas Geld brauchen. Zum Beispiel fehlen uns ein paar Tausender für den Kanalbauer, demnächst! Wenn Ihr oder Sie, Herr PBA, also ein paar Kröten übrig habt: „Lasst sie gerne zu uns rüberwandern! Und bitte, liebe Gerüchteköche, belustigt uns bald mal wieder mit euren tollen Einfällen.

Wir halten uns bis dahin an die Einsicht des Paul-Bauwens-Adenauer-Opas, der sich schon in den 50er Jahren über Immobiliengeschäftsgebaren nach der Jahrtausendwende äußerte: „Wir leben zwar alle unter dem selben Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“ (Konrad Adenauer)

Riesenresonanz im hdak – aber wo war die Politik?

Das war ein überwältiges Interesse gestern Abend bei der Veranstaltung „Urban Gardening: Wächst hier die Stadt der Zukunft?“ im hdak-Kubus am Neumarkt. Rund 100 Menschen drängten sich im Pavillon unweit des Neumarkts, wo sich drei junge Gemeinschaftsgarten-Projekte aus Köln mit unterschiedlichen Ansätzen vorstellten:

NeuLand als Gemeinschaftsprojekt mit starker Bürgerpartizipation und auch stadtentwicklerischem Gestaltungswillen,

– die Pflanzstelle als typisch urbane Garteninitiative, bei der Bürger eine Industriebrache für sich vereinnamen, weil sie einfach Lust aufs Gärtnern haben,

– das Designquartier Ehrenfeld mit dem Obsthain Grüner Weg, einem von mehreren Bausteinen eines größeren Plans, mit dem Ehrenfeld zur „produktiven Stadtlandschaft“ werden soll.

Die Münchner Publizistin und Soziologin Christa Müller war vom hdak auf NeuLand-Anregung hin eingeladen worden, über positive Beispiele aus anderen Städten zu berichten – sie begleitet die Entwicklung städtischer Gärten deutschlandweit als Forscherin und Leiterin der Stiftung Interkultur.

NRW und Köln hinken in Sachen Urban Gardening anderen Ländern und Kommunen hinterher – das wurde im Gespräch zwischen Auditorium und Referenten sofort klar. Während z.B. München und Saarbrücken die Frage „Wächst hier die Stadt der Zukunft?“ klar mit Ja beantworten und Gemeinschafts- und Kräutergärten fest in die Stadtplanung aufgenommen haben, mühen sich in Köln Initiativen wie die Pflanzstelle noch mit der Suche nach geeigneten Standorten ab. Sie finden dafür kaum Unterstützung seitens der Stadt, im Gegenteil sogar eher Vorbehalte.

Ähnlich ergeht es Kölner NeuLand – nach einer mündlichen Zusage für die Zwischennutzung passiert seit zwei Monaten nichts. Der Eigentümer der Fläche, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, lässt sich viel, viel Zeit mit der Vertragsausarbeitung. Er gefährdet so die rechtzeitige Beantragung für Fördermitteln für die kommende Gartensaison durch unseren Verein.

Obwohl die Vorteile von urbanem Gärtnern – für Gesundheit, Umwelt, Quartiersentwicklung, Klima, Lebensqualität und sogar für die Aufwertung der so zwischengenutzten Flächen – auf der Hand liegen und gestern kaum mehr diskutiert werden mussten, herrscht in Köln in weiten Teilen der Verwaltung und Politik offenbar eine Mischung aus Desinteresse und Unkenntnis. Symptomatisch: Bis auf eine Vertreterin des Umweltamtes fand kein Vertreter der Stadtverwaltung oder einer Ratsfraktion zu der Veranstaltung ins hdak.

Warum das so sein könnte, dafür stellte Christa Müller eine Hypothese auf. Speziell für die in NRW dominante SPD sei des Thema Landwirtschaft in der Stadt ein rotes Tuch. Da die SPD ihre Existenz dem goldenen Zeitalter der Industrie verdanke und ihre Klientel bis heute bei der industriellen Arbeiterschaft verorte, tue sie sich extrem schwer mit Themen wie Selbstversorgung und Gemüse-Anbau. „In dieser Partei empfinden viele Betonköpfe das Thema Urban Gardening als Rückschritt – als Rückkehr zum Bäuerlichen, das man ja längst überwunden hat“.

Ob das ein Grund für die Anlaufschwierigkeiten der Garteninitiativen in Köln ist? Auf jeden Fall hat Urban Gardening neben vielen anderen Dimensionen auch eine emanzipatorische Dimension. Viele Bürger haben das Grundbedürfnis, ihre Lebensmittel wieder selbst herzustellen – sie möchten mit Händen arbeiten und kreativ werden, statt die Produktion an die Industrie abzugeben und einfach nur im Supermarkt einzukaufen. Sie möchten sich so vor Ort, in ihrem Stadtteil, ein Stück Lebensqualität und Selbstbestimmung zurückholen.

Das ist ein ernst zu nehmendes Bedürfnis. Es durchzusetzen, so ein Fazit des Abends, macht in Köln eine Menge Lobby- und Aufklärungsarbeit erforderlich . Die Garteninitiativen wollen sich ab sofort noch stärker vernetzen und gegenseitig unterstützen.

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Kommentare: 4

  • #1

    HEIDI (Samstag, 12 November 2011 12:19)

    liebe neuländer ..
    seid 8 jahren
    beschäftige ich mich mit dem erhalt
    einer urbanen immobilie in köln ehrenfeld
    1700 fabrikhalle mit eingebauten ateliers
    und 1200qm aussenfläche mit bäumen..
    hunderte leute sind da schon durchgegangen
    aber es gab bisher kein konzept für den aufbau
    und der verein hat die räumungsklage
    da sie in der vermüllung leben
    der vorstand besteht aus alkoholikern
    für die damals der verein gegründet wurde
    von sozialarbeitern..
    habe mitgeholfen
    dass das konzept auf soliden beinen steht
    und zugesagt wurde
    durch gerichtliche beschlüsse
    aber dort wird weiter randaliert
    und gesoffen.. und es gibt keine bereitschaft an konzepten zu arbeiten
    musste sogar strafanzeigen erstatten
    wegen gewalt gegen mich
    da man sich als gesetzlosen freiraum bezeichnet..
    linke ehemalige autonome hausbesetzer
    die nur radikal sind und im dreck leben wollen..

    habe mittlerweile spenden
    in 5 stelligen zahlen zugesagt bekommen
    .. nun warte ich
    zusammen mit ein paar anderen betreibern von konzepten
    dass der platz geräumt wird..
    konzepte sind vermietung von ateleirräumen für künstler .. werkstatt für holzarbeit
    pc reperatur mit arbeitslosen jugendlichen ..fahrradreperatur .. auch für arbeitslose..
    die grosse ehemalige biobackstube
    mit funktionierenden backöfen
    soll eine vegetarische tafel werden
    besonders für fastfood ernährte kinder und jungendliche zum lernen vegetarischer gesunder ernährung
    und das urbane gärtnern
    soll dort seinen sitz bekommen
    wo auch pflanzkästen stehen können und täglich gegärtnert wird..
    dieser platz soll anlaufpunkt werden
    für unzählige menschen
    sodass wir eine grosse gemeinschaft werden
    und unsere anliegen
    gemeinsam durchsetzen können
    um weitere brachen in der stadt
    zu bewirtschaften..

    deshalb schlage ich vor
    dass ihr euch einbringt
    um diesen ort als hauptquartier zu übernehmen
    mit dem urbanen gärtnern..
    dann bekommt ihr unzählige menschen
    die teilhaben werden..
    .nur so kann man sich vor der öffentlichkeit profilieren

    lg
    heidi

  • #2

    HEIDI (Samstag, 12 November 2011 16:15)

    was wir in köln brauchen sind auch offene werkstätten wie sie in vielen städten schon im programm sind http://www.anstiftung-ertomis.de/opencms/opencms/offene_werkstaetten/

  • #3

    Tom (Mittwoch, 23 November 2011 14:46)

    Hallo Neuländer, Hallo Heidi …

    es gibt auch in Köln einige Offene Werkstätten…z.B. die Dingfabrik (www.dingfabrik.de), Jack in the Box e.V. (http://www.koelnerbox.de/upcycling/) arbeitet an einem Offenen Werkstatt-Konzept (und hat eine tolle Upcycling-Werkstatt) oder auch die Alte Feuerwache (http://altefeuerwachekoeln.de/ateliers/index.php) hat einige offene Werkstatt-Projekte. Aber JA, DU HAST VOLLKOMMEN RECHT: MEHR INFRASTRUKTUR ZUM SELBERMACHEN !!!

  • #4

    Manfred Kreische (Dienstag, 03 Januar 2012 22:52)

    wir sind die Politik…
    Was sonst liebe Doro
    Ich hoffe, dass es nach der Email von Diana Berg bald ein weiteres Treffen gibt!
    Frohes Neues Jahr!

Einladung zur Podiumsdiskussion mit Christa Müller

„Urban Gardening“ ist in aller Munde – überall in Deutschland haben Menschen begonnen, Stadträume zum Gärtnern, Entspannen, zur Umwelt- und Gesundheitsbildung zu nutzen. 

Doch in Köln treffen junge Initiativen wie NeuLand (Bayenthal) und die Pflanzstelle (Kalk) auf Widerstände. Wo hakt es und was wollen die urbanen Gärtner überhaupt?

 

Darum geht es am Mittwoch, 9.11., um 19 Uhr bei „Eine Stunde Baukultur“ im hdak-Kubus am Neumarkt.

 

Bei der kostenlosen Veranstaltung könnt Ihr alle drei „neuen“ Kölner Garteninitiativen auf einen Schlag erleben (NeuLand, Pflanzstelle, DQE) – und Christa Müller, die Herausgeberin des Buchs „Urban Gardening“ (Stiftung Interkultur), berichtet von Ihren deutschlandweiten Erfahrungen in Sachen Urban Gardening und von gelungenen Beispielen aus anderen Städten.

 

Mehr Infos findet Ihr auf den Seiten des hdak.

 

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